Chronik

Aus der Vereinschronik

von der Vereinsgründung 1899 bis zum 90jährigen Vereinsjubiläum 1989 Unser Dorf ist heute ohne seine Obstbaumwälder (etwa 16.000 Obstbäume) nicht vorstellbar, die sich auf allen Seiten die Hänge hinanziehen und im Frühjahr sich in ein Blütenmeer verwandeln. Ebensowenig gibt es kaum eine eingesessene Hangarder Familie, die nicht ihr „Obststück“ besitzt. Beides ist nicht selbstverständlich, denn unser Bann verdankt seinen bemerkenswerten landschaftlichen Schmuck weitgehend der Existenz eines Vereines, der vor nunmehr 100 Jahren gegründet wurde und den Obstanbau in Hangard maßgebend förderte.

Die noch vorhandenen handschriftlichen „Statuten des Obst- und Gartenbauvereins Hangard“ vom 27. August 1899 enthalten die Namen von Förster Nikolaus Bach als Vorsitzendem sowie der Gründungsmitglieder Strauß, Jakobs, Piro, Hanauer und Böshaar. Über die Zeit von der Gründung bis zum Juli 1906 sind leider keine schriftlichen Aufzeichnungen erhalten.

In der Generalversammlung am 29. Juli 1906 wurde Wilhelm Strauß zum 1. Vorsitzenden gewählt. Die Versammlung beschloß, dem Verband der Obst- und Gar-tenbauvereine im Bezirk der Landwirtschaftskammer für die Rheinprovinz beizutreten. Erstmals in der Generalversammlung vom 19. Januar wurde die Jahresrechnung vorgelegt und geprüft. Eine erste Lehrfahrt nach Geisenheim wurde im Jahre 1910 beschlossen. Bereits 1911 entsandte man Delegierte in den Kreisverband Ottweiler.

In einer Niederschrift aus dem Jahre 1924 wird erstmals der Mitgliedsbeitrag erwähnt, er wurde für 1925 auf fünf Franken festgesetzt. Uber die Generalversammlung vom 5. Februar 1933 wird neben Vorstandsneuwahlen vermerkt, daß Baumbestellungen über den Verein erfolgten. Im Jahre 1934 trat August Haus als 1. Vorsitzender die Nachfolge von Wilhelm Strauß an. Er behielt dieses Amt bis 1942 inne.

Der neue Vorsitzende sprach in der Versammlung über „rentable Pflanzung“, Umpfropfen. das richtige Beschneiden und Düngen der Bäume. Auf seine Initiative wurde eine kostenlose Verlosung fürMitglieder beschlossen, 100 Franken sollten als Kassenbestand verbleiben. Im Janur 1935 wurden Gießkannen, Spaten. Hacken. Baumscheren, Bürsten, Baumsägen und Messer verlost. Es war auch ein „fremder Redner“ da, der den Mitgliedern die Bedeutung des Obstbaus und die Behandlung der Bäume erläuterte.

In der Generalversammlung 1935 wurde der bisherige Vorsitzende August Haus zum „Vereinsführer“ gewählt. (In der durch autoritäre Strukturen geprägten Zeit des Nationalsozialismus wurde aus dem „Vorsitzenden“ der „Vereinsführer“.) Vom Kreisverband wird ein Kursus für Baumbehandlung angeboten. Zum ersten Male ist die Rede von einem Schnittkurs und von Baumspritzungen. Eine Baumzählung ergab daß ,.Hangard 12.107 Obstbäume besitzt“.

Es ist Pflicht eines jeden Obstbauern aus den Bäumen herauszuholen, was eben möglich ist“, sagte der „Führer“ im Dezember 1936. Der Mitgliedsbeitrag wurde auf zwei Mark jährlich festgesetzt. Während August Haus 1939 von der Versammlung als ”Führer“ wiedergewählt wird, „ernennt“ er am 15.1.39 die übrigen Vorstandsmitglieder. Der Kassenstand betrug 176 Mark, Als Ehrenmitglieder wurden im Februar 1939 ernannt: Wilhelm Strauß, Franz Prowald, Georg Schmidt, Theobald Schneider und Daniel Neu. Über eine Obstsammelstelle konnten die Mitglieder ihr überschüssiges Obst verkaufen. Hermann Sutter übernahm im Januar 1943 die Vereinsführung. Gleichzeitig wurde August Haus zum Ehrenvorsitzenden gewählt. „Ab 15.11.1947 führt der Verein den Namen „Verein für Obst- und Landwirtschaft“, heißt es lapidar im Protokoll. Neue Satzungen wurden bekanntgegeben.sie sind nicht erhalten geblieben.

Johann Burgard wurde am 27.2.1949 zum 1. Vorsitzenden des Vereins gewählt.
Am 25. September des gleichen Jahres feierte der Verein im Gasthaus Schulz-Strauß sein 50jähriges Bestehen mit einer lokalen Ausstellung und einem Ball. Man beschloß, einen „Branntweinbrennapparat“ anzuschaffen und zu dessen Finanzierung Anteilscheine in Höhe von 500 bis 1.000 Frs. auszugeben. Da die Auslagen für den Apparat, seine Aufstellung und die Herrichtung des Raumes nur etwa zur Hälfte durch den Verkauf von Anteilscheinen gedeckt werden konnten, mußte der geplante Ankauf verschoben werden.

In einer außerordentlichen Generalversammlung am 17.9.1950 wurde der Vorsitzende Johann Burgard mit dem Ankauf eines „Branntweinbrennapparates‘. und der damit verbundenen Geschäfte beauftragt. Als 1. Brennwart wurde August Threm. Schachen, gewählt. Ihm folgten Hermann Ruffing und Friedrich Schneider. Ein Brennausschuß wurde gebildet und die Mitglieder über das Einmaischen informiert.

Am 1.12.1950 wurde der Brennbetrieb aufgenommen. Jeder Stoffbesitzer mußte für seinen Bedarf Holz und Kohlen zur Verfügung stellen. Bereits nach der ersten Brennsaison konnten die Mitglieder ihre Anteilscheine beim Verein einlösen. Die Anschaffung einer eigenen Kelteranlage erfolgte im Jahre 1953, teilweise wieder mittels Anteilscheinen finanziert. Auch der Feinbrandkessel konnte zu dieser Zeit angeschafft werden.

Nachdem Artur VVessely am 3.2.1957 die Geschicke des Vereins übernommen hatte, wurde auf seinen Vorschlag in einer außerordentlichen Generalversammlung am 18.5.1958 beschlossen, eine Süßmostanlage zum Preise von einer Million Frs. anzuschaffen. Neben einem Vereinsvermögen in Höhe von 430.000 Frs. sollte ein erwarteter Zuschuß von 400.000 Frs. sowie die Ausgabe von Anteilscheinen zur Finanzierung dienen.

Die Süßmostanlage kostete schließlich 1.512.599 Frs. Bereits in der ersten Saison wurden 6.879 Flaschen Apfelsaft hergestellt.

Aus einer Zeitungsnotiz ist zu ersehen, daß seit Bestehen der Brennerei (8 Jahre) 103.780 Liter Maische zu 9.726 Litern Branntwein verarbeitet wurden.

Trotz der enormen Schulden hatte der Verein nach einer Umstellung unserer Währung von Franken auf Mark bis 1962 ein Vereinsvermögen von 21.145 DM und ein Barvermögen von rund 4.000 DM erwirtschaftet. Allein die Brennsaison 1961/62 erbrachte infolge der Zwetschgenschwemme einen Reingewinn von 7.761 DM. Eine neue Doppelpresse für die Kelterei wurde im Jahre 1963 zum Preise von 16.500 DM erworben. Einen Zuschuß gab es von der Landesregierung, von Kreis und Gemeinde. Der Mitgliedsbeitrag wurde von 50 auf 80 Pfennige erhöht.

Josef Wittling übernahm 1965 das Amt des 1. Vorsitzenden. Unter seiner Leitung bürgerte es sich ein, daß der Obst-und Gartenbauverein die Ausschmückung des Veranstaltungssaales bei Jubiläen Hangarder Vereine übernahm. 1967 hatte der Verein alle Schulden bezahlt.

Zusammen mit dem damaligen Bürgermeister Pirmin Raber und dem Kreisvorsitzenden Heinrich Tüllmann ehrte der Vorsitzende am 7.1.1968 im Lokal Hanauer im Rahmen eines „trotz gewaltiger Schneemassen gutbesuchten Familienabends“, so die SZ, Mitglieder für 40- und 50jährige Mitgliedschaft. Auch die Einführung von Frauenkaffeenachmittagen geht auf die Initiative von Josef Wittling zurück. Als noch amtierender Vorsitzender wurde er beim 70jährigen Jubiläum im September 1969 zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Unter der Vereinsführung von Erich Volz, der 1970 von Josef Wittling das Amt des 1. Vorsitzenden übernommen hatte, zog der Verein 1972 in die neuen Räume der Ostertalhalle. Wegen des Baues der Ostertalhalle mußten Brenn- und Kelterbetrieb 1971 ausfallen.

Erich Volz ist es zu verdanken, daß sich im März 1973 eine Frauengruppe konstituierte. Auguste Schmidt wurde zur Leiterin derselben gewählt. Seit dem Tode von Auguste Schmidt wird die Frauengruppe von Emmi Müller Kleemann geleitet. Im gleichen Jahr wurde der Mitgliedsbeitrag von 80 Pfennig auf eine Mark erhöht.

Die 75-Jahrfeier im Jahre 1974 war beschlossen worden. In der Ostertalhalle fand die Jahreshauptversammlung des Verbandes für Gartenbau und Landschaftspflege 1976 statt.

Jakob Schwan, im März 1978 in das Amt des 1. Vorsitzenden gewählt, richtete die 80-Jahrfeier im September 1979 aus, verbunden mit Ehrungen langjähriger Mitglieder für 25-, 40- und 50jährige Zugehörigkeit zum Verein.

Dank einer sparsamen Vereinsbewirtschaftung war es möglich, daß die außerordentliche Generalversammlung 1981 unter Leitung des im gleichen Frühjahr gewählten Vorsitzenden Rudolf Bechtel den Ankauf eines neuen Brennkessels mit aufgebauter Feinbrandkolonne, ohne Schulden machen zu müssen, beschließen konnte.

Im Rahmen eines Tages der „Offenen Tür“ wurde die Anlage in den neu hergerichteten Räumen den Brennmeistern Walter Nobler und Paul Ruffing übergeben. Alle Hangarder Vereinsvorsitzenden, Bürgermeister Ewald Groß, Kreisvorsitzender Richard Kuhn, Pfarrer Hollerbach und Regionaldekan Hermann Stillemunkes sowie der Hersteller der Brennanlage, Josef Gürtner, waren zu einem Empfang am Vormittag in der neuen Brennerei erschienen. Die Frauengruppe hatte zum Mittagessen Schinkenwaffeln und „Grumbierkichelcha“ gebacken. Am gleichen Tag fand in der Ostertalhalle das Erntedankfest, verbunden mit Mitgliederehrungen und einer Obst- und Gemüseausstellung, statt.

Bei der Kreis-Obst- und Gemüseschau in Uchtelfangen erwarb der Verein eine Bronzemedaille. Von der Stadt Neunkirchen wurde ein Grundstück zur Anlegung einer vereinseigenen Obstanlage angemietet. Im Rahmen des Erntedankfestes 1983 konnte die Frauengruppe ihr 10jähriges Bestehen feiern. Am 30. September 1984 wurde in der Ostertalhalle unter der Schirmherrschaft von Herrn Dr. Berthold Budell, Minister für Umwelt, Raumordnung und Bauwesen, das 85jährige Jubiläum des Vereins gefeiert.

Die Teilnahme des Neunkircher Stadtteiles Hangard am Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ blieb nicht ohne Resonanz im Obst- und Gartenbauverein. Die Jahreshauptversammlung 1984 wählte Armin Jäckle als Beauftragten für Dorfverschönerung in den Vorstand. Seit 1986 ist Jäckle gleichzeitig Ortsbeauftragter für Naturschutz.

An der Feier zum 300jährigen Bestehen des Dorfes Hangard im Jahre 1985 beteiligte sich der Verein mit einem Getränkestand, an dem auch die bekannten Waffeln angeboten wurden. Die fleißigen Vereinsfrauen verarbeiteten allein sieben Zentner Kartoffeln. Beim historischen Festzug stellte der Verein drei Festwagen (Der Korbmacher“, „Die alte Brennerei“, „Erntewagen mit Dengier“) und eine Fußgruppe („Die Dienstmägde“). Zur Vorbereitung des Festes hatte sich auf Initiative des Obst- und Gartenbauvereins eine Interessengemeinschaft gebildet, der fast alle Hangarder Vereine angehörten.

Mit der Wahl der Vorsitzenden der Frauengruppe Emmi Müller-Kleemann zur 2. Vorsitzenden des Vereins in der Jahreshauptversammlung 1985 wird die Bedeutung der Frauengruppe unterstrichen, die mit ihren vielfältigen Aktivitäten einen wichtigen Beitrag zum Vereinsleben leistet. Franz Schneider, bisher Hauptkassierer, wird von der gleichen Versammlung zum technischen Leiter gewählt Jakob Schwan, langjähriger Kassierer und früherer Vereinsvorsitzender, übernahm wieder die Kassenführung. Die Jahreshauptversammlung des Kreisverbandes Neunkirchen fand 1987 in der Ostertalhalle in Hangard statt. Jakob Schwan wurde für besondere Verdienste mit der Silbernen Rose ausgezeichnet. Mitgliederehrungen sind schon immer ein wichtiges Anliegen des Vereins gewesen.

Mitgliederehrungen am 24.09.1989.
Foto: Archiv R.B.

Die Korbmacherkurse unter Leitung von Ehrenmitglied Friedrich Schneider fanden große Beachtung in der Öffentlichkeit und in den Medien. Durch Berichte im Regionalfernsehen des SR wurde der Hangarder Korbmacher als ,.Fernsehstar“ landesweit bekannt. Wie der Vorsitzende Rudolf Bechtel im März 1988 der-Versammlung berichtete, fertigte Schnei-der etwa 90 Körbe an.

 

Unser Schmidde Fritz (2. v.r.) anläßlich einer Fernsehreportage vom Korbmacher. Foto: Archiv

Fülle von Aktivitäten wie Bildungsfahrten, Info-Abende, Vortragsreihen, Literatur-und Musikereignisse, Kontakte zu ande-ren Frauengruppen. Einsätzen bei Dorf-und Vereinsfesten und vieles mehr zurückblicken.
Aus diesem Grunde wird (kein Betriebs-geheimnis) die langjährige Vorsitzende Emmy Kleemann, als erste Frau bei der Jubiläumsfeier zum Ehrenmitglied er-nannt.

Man weiß, daß nicht nur der OGV-Han-gard, sondern alle Obst- und Gartenbau-vereine des Landes früher „Männerverei-ne“ waren und zum Teil heute noch sind.

Unser Jubiläumsverein hat aktuell 205 Mitglieder, davon 33 Frauen. Es bleibt zu hoffen, daß im Zuge gesamtgesellschaft-licher Wandlungen der Anteil der Frauen auch in unserem Verein wächst, wobei man eines wohl immer übersehen hat: …und Gartenbauverein.
Der Garten war schon immer die Domä-ne der (Haus-)Frau, und lassen Sie den Chronisten abschließend noch ein bißchen philosophieren:

Den Erlös aus dem Verkauf der Körbe stellte er für den vorgesehenen Dorfbrunnen in Hangard zur Verfügung. In der gleichen Jahreshauptversammlung erfuhren die Mitglieder, daß Vereinsmitglied Richard Hauck von der Landesregierung zum Referenten für Steinobstbau bestellt wurde. Der Mitgliedsbeitrag wurde von 1.00 auf 1,50 DM erhöht.

Schriftfuhrer Erwin Lux wurde in der Generalversammlung des Kreisverbandes in Eppelborn am 12.3.1989 für langjährige Tätigkeit in Vorstand und Verein mit der Silbernen Rose ausgezeichnet.

Brennerei, Süßmost- und Kelteranlage finden in guten Erntejahren starken Zuspruch bei Mitgliedern und Hangarder Bürgern. „Hangarder Ouetsch“ oder „Kirsch“ sind über unsern Heimatort hinaus als Markenzeichen für guten hausgebrannten Schnaps bekannt und beliebt. Unter Leitung Emil von Koblinskis, seit 1984 Brenn- und Keltermeister, und des technischen Leiters Franz Schneider wurden in den vergangenen fünf Jahren 16.066 Liter Branntwein und 7.982 Flaschen Apfelsaft hergestellt sowie große Mengen Obst gekeltert.

Die fachliche Fortbildung seiner Mitglieder war dem Obst- und Gartenbauverein stets ein wichtiges Anliegen. Standen in der Vergangenheit Maßnahmen zur Steigerung des Obstertrages im Vordergrund. so wurden in den letzten Jahren neben Schnittkursen, der Anleitung zum richtigen Einmaischen und Kursen zur Veredelung von Obstgehölzen verstärkt Vorträge und Informationen über ökologische Themen angeboten, so z. B. biologische Schädlingsbekämpfung. Pflanzen und Tiere im Hausgarten. Mischkulturen im Gemüseanbau. Zahlreiche Lehrfahrten, Besichtigungen, Besuche von Ausstellungen und ökologischen Anlagen ergänzten das Angebot. Die Mitglieder hatten außerdem Gelegenheit, Bodenuntersuchungen durchführen zu lassen und sich über die Belange des Naturschutzes zu informieren.

Umweltbelastung und Naturzerstörung haben inzwischen ein erschreckendes Ausmaß angenommen und bedrohen die Daseinsgrundlagen des Menschen. Diese Situation kann nicht spurlos an unseren Gärten vorübergehen; wir sollten bereit sein, durch entsprechende Bewirtschaftungsmethoden und Bepflanzungen den Garten u. a. auch als wichtigen Lebensraum für Pflanzen und Tiere anzusehen. Dies den Menschen unseres Heimatortes bewußt zu machen und sie zu einem behutsameren Umgang mit der Natur zu bewegen. ist heute eines der obersten Ziele des Obst- und Gartenbauvereins Hangard, der sich damit als ein ..grüner“ Verband vor Ort versteht.
Bearbeitet von Hans-Joachim Sander Hangard, im August 1989

Fortsetzung der Vereinschronik